"Wir sind von Gott geliebt!" - Predigt von Stpfr. Johann Zey


Stpfr. Johann Zey (Sächsisch Regen)

Kanzelgruß: Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

Das Predigtwort zum heutigen Sonntag Lätare steht geschrieben in Jes. 54,7-10:

Gott spricht: „Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln. Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der Herr, dein Erlöser. Ich halte es wie zur Zeit Noahs, als ich schwor, daß die Wasser Noahs nicht mehr über die Erde gehen sollten. So habe ich geschworen, daß ich nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten will. Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.“

Herr, dein Wort ist die Wahrheit. Segne uns in deiner Wahrheit. Schenke rechtes Reden und Hören im Heiligen Geist und stärke unseren Glauben. Amen.

Liebe Gemeinde, liebe Brüder und Schwestern,

zu den schönsten, zu den unvergesslichsten Augenblicken eines menschlichen Lebens, gehören die Stunden, wo sich ein uns nahe stehender Mensch sein Herz aufschloss und uns seine ganze Liebe und Zuneigung offenbarte. Da ist das Kind am Sterbebett des Vaters oder der geliebten Mutter. Und plötzlich tun sie ihm ihr Herz auf und zeigen ihm ihr Liebe, und dass es dort immer einen festen Platz haben wird. Plötzlich sagen sie ihrem Kind Worte, die es noch nie von ihnen gehört hat.

Oder denken wir an fröhlichere Stunden, wo uns in der Jugendzeit der geliebte Junge oder das geliebte Mädchen ihr Herz aufschloss und wir hineinblicken durften, um unseren Platz in diesem Herzen zu entdecken. Es sind unvergessliche Augenblicke, die einen das ganze Leben lang prägen, wenn man vielleicht unter Tränen merkt, wie sehr man geliebt ist.

Ihr Lieben, seht, so einem einmaligen Augenblick gleicht heute unser Predigtwort. Mitten in dieser Corona Krise, mitten in weltweiter Angst und Verzweiflung, schließt Gott uns heute gleichsam sein Herz auf und wir dürfen hinein schauen und sehen, wie er zu uns steht. Was können wir nun im Vaterherzen Gottes entdecken? Ein wunderbares, dreifaches, göttliches ABER.

I.

„Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.“ (Vers 7) Was bedeutet, von Gott verlassen zu sein? Menschen aus Gottes Volk, die dieses Wort des Propheten Jesaja zuerst gehört haben, hatten schwere Zeiten hinter sich. In einem schrecklichen Krieg im 6. Jh. v. Chr. wurde das Königreich Juda, ihr Vaterland, besiegt. Der Staat zerbrach. Die Familien wurden vertrieben und umgesiedelt. Alles war kaputt. „Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen“ Verlassen! Gott bestraft sein Volk, wegen seinem Ungehorsam, wegen seinem Götzendienst. Alles bricht auseinander. Sehen wir das nicht auch in unseren Tagen? Warum geschah das in Israel? Warum geschieht das bei uns?
Seht, Israel hat eine Antwort gefunden. Sie schrieen wie aus einem Munde: Wir haben Gott verlassen! Wir waren ihm nicht treu! Wir haben ihm nicht mehr vertraut! Das ist der Grund unseres Elends! Und das ist der Grund auch bei uns. Die Corona Krise stellt uns auf die Probe. Gott prüft unseren Glauben. Warum musste das geschehen? Wer ist schuld? Nein, nicht die Umstände, nicht die andern, sondern wir! Wir und wieder wir sind schuld! Denkt einmal nach darüber.

Als Israel sich zu dieser heilsamen Erkenntnis durchgerungen hatte, lässt Gott sie wissen: „Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.“ (Vers 7)

Liebe Brüder und Schwestern, wenn auch unser Volk und unsere Kirche durch diese heilsame Erkenntnis hindurchgedrungen ist, dann wohl unser! Gilt dann diese Verheißung auch uns? Jawohl! Dieses Wort Gottes gilt heute genauso, wie damals jedem, der Buße tut. Jedem Volk, jeder kaputten Gemeinde, jeder zerütteten Ehe, jedem schwierigen Verhältnis, ja, jedem Einzelnen gilt dies erste, große, göttliche ABER: „aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.“ Jawohl, Gott sammelt sein Volk. Dies kann man heute in Israel sehen. Die Juden kehren aus allen Teilen der Welt zurück, nach Hause, nach Israel! Gott heilt alte Wunden. Er erneuert zerbrochene, kaputte Verhältnisse. Gott verzeiht und schenkt einen neuen Anfang. Dies erfahren wir am besten an dem leidenden und sterbenden Heiland am Kreuz auf Golgatha! Dort ist es geschehen! Dort ist Heilung, Vergebung, Frieden und ewiges Leben.

II.

Und nun wollen wir unseren Blick auf das zweite göttliche ABER richten: „Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der Herr, dein Erlöser.“ (Vers 8) Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, spricht der Herr.

Ihr Lieben, Gott muß uns nicht spürbar strafen. Er braucht sich nur von uns abzuwenden und uns selbst überlassen, dann sind wir verloren. Die Mächte des Verderbens und der Zerstörung können dann ungehindert in unser Leben hereinbrechen. Auch dies sehen wir ganz deutlich jetzt in der Corona Krise. In seinem Zorn sieht Gott weg, und überlässt die Welt sich selber. Ja, die Stunde des Gerichtes ist dort, wo Gott wegsieht, wo er sein Angesicht von uns wendet. Am wehesten tun einem Kind nicht die Rutenstreiche des Vaters, sondern wenn er wegsieht und kein Wort mehr mit seinem Kind redet. Das ist eine schreckliche Strafe. „Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen“. Aber nun öffnet Gott uns sein Herz und wir können hineinschauen und werden gewahr, dass Gott ein zweites göttliches ABER für uns hat.

„Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der Herr, dein Erlöser.“ (Vers 8)

Liebe Brüder und Schwestern, Gott lässt uns wissen, dass diese seine Liebe in seiner Gnade gründet. Ohne unseren Verdienst! Von Anfang an, von Geburt an, ist er uns in Liebe zugewandt gewesen und hat uns in guten und in schlechten Zeiten getragen und bewahrt. Jedes Mal wenn du den Regenbogen über dir aufleuchten siehst, dann kannst du es wissen: Gott hat nicht Gedanken des Verderbens mit dir. Er will, dass der verirrte und verlorene Sünder umkehre und lebe. Gott will nicht unseren Untergang, sondern unser Heil. So ist auch diese Krise für viele Millionen Menschen, die dachten, auch ohne Gott gut leben zu können, ein Ruf zum Glauben an den, der alles in seiner Hand hält und von dem alles abhängt. Ja, auch seine Züchtigungen wollen uns zum Guten dienen.

III.

Heute, mitten in der Corona Krise, dürfen wir einen Blick tun in Gottes Vaterherz. Wir dürfen hineinschauen und entdecken, wie er zu uns steht. In seiner großen Liebe offenbart er uns nun sein drittes herrliches, göttliches ABER: „Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.“ (Vers 10)

In diesen Krisentagen erleben wir es neu, wie das, woran man ein Leben lang festhielt, plötzlich zusammenbricht und seinen Wert verliert. Das, was uns so wertvoll schien und worauf wir uns unsere ganze Existenz und unsere Zukunft gründeten, verliert ganz plötzlich seinen Wert. So fallen Berge und Hügel hin. Aber bei all dem Schaden, bleibt doch der Bund des Friedens unseres Gottes bestehen, denn dieser Bund ist ewig.

Der heutige Sonntag heißt Lätare. Zu Latein bedeutet das „Freuet euch!“ Mitten in dieser Krisenzeit werden wir aufgerufen zur Freude. Mitten in der Passionszeit, wo wir an das Leiden und Sterben unseres Herrn und Heilandes denken, tut Gott uns sein Herz auf und zeigt uns, wie er zu uns steht. Hier, im Vaterherzen Gottes, dürfen wir entdecken, wo der Grund aller Freude und Trostes liegt.

Gott hat einen ewigen Bund mit uns geschlossen, der nimmermehr untergeht. Wo? Auf Golgatha! Als sein geliebter Sohn, der Herr Jesus Christus, für die Sünder starb. Gott hat einen ewigen Bund mit dir und mir geschlossen. Wann? Am Tag unserer Taufe. Damals hat Gott uns angenommen als seine Kinder. Und dieser Bund bleibt, was auch immer geschehen mag. Wenn Berge und Hügel hinfallen, wenn es auf und ab geht in unserem Leben, wenn der Böse nach uns greift. Gott hat einen Bund mit dir geschlossen, der in seiner Gnade und Barmherzigkeit ganz fest gegründet ist. Darauf kannst du dich verlassen.
Als der Liederdichter Paul Gerhardt dies entdeckte, dichtete er folgendes Lied, das auch in unserem Gesangbuch enthalten ist (EG 303):

Nun weiß und glaub ich feste, ich rühms auch ohne Scheu, dass Gott, der Höchst und Beste, mein Freund und Vater sei und dass in allen Fällen er mir zur Rechten steh und dämpfe Sturm und Wellen und was mir bringet Weh.

Mein Herze geht in Sprüngen und kann nicht traurig sein, ist voller Freud und Singen, sieht lauter Sonnenschein. Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ; Das, was mich singen machet, ist, was im Himmel ist.

Liebe Brüder und Schwestern, heute am Sonntag Lätare, mitten in der Leidenszeit, dürfen wir uns freuen. Freuen, wie an dem Tag, wo ein uns nahe stehender Mensch uns in sein Herz schauen ließ und wir feststellen konnten, dass uns in diesem Herzen der erste Platz gehört.

In einem göttlichen dreifachen, ABER hat Gott sich zu uns bekannt und uns seine Liebe kundgetan. Wir sind von Gott geliebt! Das ist Grund zur Freude. Das gibt uns Kraft und Mut auch unsere Mitmenschen zu lieben und ihnen gerade jetzt in der Krisenzeit, im Namen Gottes beizustehen. Gott segne uns dazu.

Amen.

Kanzelgebet: Großer, wunderbarer Gott und Herr, wir danken dir für deine Liebe und Gnade, die wir heute erneut erfahren durften. Sie ist über Bitten und Verstehen. Hilf, dass wir darüber froh werden und uns jederzeit getrost auf dich verlassen, was auch immer geschieht. Du hast auch die Corona Krise völlig unter Kontrolle. Wir müssen leiden, aber Du hast uns lieb. Amen.

Kanzelsegen: Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.