"Unsere Wahlvorschriften gehören dringend novelliert"


Landeskirchenkurator Prof. Friedrich Philippi (l.) und EKR-Hauptanwalt Friedrich Gunesch im Gespräch.

Nach den Kirchlichen Wahlen gegen Ende des Jahres 2017 haben sich leidenschaftliche Debatten über die Tauglichkeit der Wahlvorschriften der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) entwickelt. Die Kirchlichen Blätter haben diese wichtige Frage aufgegriffen und Landeskirchenkurator Prof. Friedrich Philippi sowie Hauptanwalt Friedrich Gunesch um einen Gedankenaustausch zu diesem Thema gebeten. - Das Gespräch leitete Stefan Bichler.

Kirchliche Blätter: Herr Landeskirchenkurator, was hat eigentlich nach den letzten Wahlen den Unmut von Teilen der Mitglieder der EKR provoziert?

Philippi: Es ist nach den Wahlen in Hermannstadt zu Einsprüchen gekommen, wobei es auch zu regen Auseinandersetzungen über bestimmte Punkte unserer Wahlvorschrift gekommen ist. Manche Gemeindeglieder hatten den Eindruck, sie würden in  Misskredit fallen, bloß weil sie sich für die Einhaltung kirchlicher Ordnungen einsetzen. Dies muss uns zu denken geben!

Herr Hauptanwalt, die Wahlordnungen der EKR haben sich seit Jahren bewährt und bisher keine Unklarheiten verursacht. Ist es wirklich nötig, jetzt etwas zu ändern?

Gunesch: Menschlich betrachtet sind Statuten und Vorschriften ja immer nur dann vonnöten, wenn es Konfliktpotential gibt. Sind alle im vorgegebenen Rechtsstand einer Meinung, muß sich der juristische Rahmen kaum bewähren. Ich nehme an, dies ist der Grund, warum einzelne Bestimmungen bisher noch nie auf Widerspruch gestoßen sind.

Die Lösung von Konflikten bei Gemeindewahlen fällt ja nicht in den Aufgabenbereich des Landeskonsistoriums. Laut Kirchenordnung dient das Bezirkskonsistorium als Instanz zur Bearbeitung von Einsprüchen aus Gemeinden. - Warum sollte sich die Landeskirche also überhaupt in solche Dinge einmischen?

Gunesch: Formell ist es richtig, dass das Landeskonsistorium keine Zuständigkeit hat. Doch wir können natürlich unsere Gemeinden und Bezirke nicht schulterzuckend im Regen stehen lassen. Wenn Bedarf vorhanden ist, stehen wir daher allen Teilen der Gesamtkirche beratend zur Seite. Das Landeskonsistorium kann auch von Amtswegen bei der zuständigen Behörde ein Verfahren einleiten.

Philippi: So ist es. Wir können und sollen aber sogar noch mehr machen: Damit die Bestimmungen auch für Laien unmissverständlich sind, gehören unsere Wahlvorschriften dringen novelliert und mit klaren, unmißverständlichen Durchführungsbestimmungen versehen! Dies ist eine Zuständigkeit der Landeskirche und darum sollten wir uns rasch kümmern.

Wie könnten die Schritte bis zu einer solchen Wahrvorschriftsreform in der Praxis aussehen?

Gunesch: Zuständig für den Beschluss über die Wahlvorschrift ist die Landeskirchenversammlung (LKV). Da die nächste reguläre LKV erst im November 2018 tagen wird, bleibt Zeit genug, Vorschläge und Standpunkte einzuholen, um diese zu erörtern. Die Arbeitsgruppe für Kirchliche Ordnungen und Strukturfragen (AG 2) und der Ausschuss für Wirtschafts- und Rechtsfragen der EKR werden aus den erhaltenen Anregungen schließlich einen Vorschlag erstellen, über den letztlich die 86. LKV beschließen wird. Gewiß werden bei der AG 2 kluge Vorschläge aus den unterschiedlichsten Richtungen eintreffen.

Wird es tatsächlich möglich sein, allein über die Reform von Kirchlichen Ordnungen Frieden zu stiften?

Philippi: Natürlich nicht. Einen positiven, konstruktiven Geist kann kein Gremium verordnen. Dazu braucht es in erster Linie den guten Willen der einzelnen Menschen. Durch eine Novellierung der Wahlvorschriften können wir jedoch Hürden aus dem Weg räumen. Bei der anstehenden Novellierung sollten wir vor allem berücksichtigen, dass wir mehr denn je als Landeskirche von ehrenamtlich engagierten Menschen abhängig sind. Eine stärkere Anpassung an die Bedürfnisse dieser Menschen würde ich generell sehr begrüßen.

Gunesch: Die Dankbarkeit der Gesamtkirche gilt den vielen Ehrenamtlichen ebenso, wie den Pfarrerinnen und Pfarrern sowie den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In diesem Sinne bin ich sehr zuversichtlich, dass bis zur nächsten LKV eine ausgewogene Lösung zur definitiven Beseitigung mißverständlicher Abschnitte unserer Wahlvorschrift gefunden wird.

Herr Landeskirchenkurator, Herr Hauptanwalt, herzlichen Dank für die Bereitschaft zum Gespräch!