"Unser Bekenntnis"


Bezirksdechant Pfr. Dr. Wolfgang Wünsch

Geistliches Wort zu Apostelgeschichte 4, 19-20 für Mittwoch nach Misericordias Domini von Dechant Pfarrer Dr. Wolfgang Wünsch - Petrus aber und Johannes antworteten und sprachen zu ihnen: Urteilt selbst, ob es vor Gott recht ist, dass wir euch mehr gehorchen als Gott. Wir können‘s ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.

An der Kirche war auf den ersten Blick immer faszinierend, dass zu ihr so völlig verschiedene Menschen wie Petrus und Paulus gehören konnten, der erste ein einfacher und ungelehrter Fischer, der zweite einer der bestgebildeten Schriftgelehrten seiner Zeit. Zur Zeit der DDR lernte ich die evangelische Kirche als einen Ort der Freiheit schätzen. Während offiziell und von Staats wegen fleißig irgendwelche Parteilosungen geklopft wurden, wurde uns die Kirche als Raum des kritischen Denkens wichtig, und das entwickelte sich angesichts des staatlich verordneten Atheismus als ein kirchliches Denken. Aus Gesprächen mit anderen Konfirmanden weiß ich: Die Konfirmation war für uns nicht so sehr ein von der Tradition her naheliegender Akt beim Übergang ins Erwachsenenalter, sondern ein jugendliches, bewusstes Bekenntnis zu Jesus Christus.

Petrus gehörte schon früh zu den Schülern – oder wie es in der Bibel heisst – zu den Jüngern Jesu. Der HERR berief zuerst Andreas zum Jünger, und der machte seinen Bruder Simon Petrus nach dem Zeugnis des Evangeliums nach Johannes auf Jesus aufmerksam, und dann muss – nach dem Zeugnis der anderen drei Evangelisten – auch Petrus schon bald in den Kreis der zwölf Jünger berufen worden sein. Petrus ist dann zu einer Art Sprecher des Zwölferkreises geworden. Und es ist faszinierend zu beobachten, wie Petrus und auch der spätere Evangelist und Apostel Johannes in ihrer Liebe und Anhänglichkeit zu Jesus konkurrieren. Petrus, als er noch ‚nur‘ Schüler, Jünger Jesu war, fasst ihre Beziehung zum HERRN für alle gültig so zusammen: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Auch Johannes unterstreicht diese Anhänglichkeit des Petrus zu Jesus. Doch dann kommt es zu einem einschneidenden Intermezzo in dieser Beziehung, insofern Petrus seinen HERRN gerade in dem Moment verleugnet, als die Verhandlung gegen Jesus vor dem Hohen Rat stattfindet. Zwar bereut Petrus dies von ganzem Herzen und weint bittere Tränen als der Hahn kräht und ihn an Jesu diesbezügliches Wort erinnert. Und doch gehört er zeitweise nicht mehr zum Kreis der zwölf Jünger, eben weil er den HERRN verleugnet hat. Johannes berichtet davon, wie der auferstandene HERR den Petrus rehabilitiert, indem er ihn dreimal fragt: Hast du mich lieb? - und Petrus dreimal wahrheitsgemäß antwortet: „Ja, HERR, Du weißt, daß ich Dich lieb habe.“ Auf diese Weise wird Petrus durch den Auferstandenen wieder in den Kreis der zwölf Jünger aufgenommen.

Unser heutiges Schriftwort setzt diese Ereignisse voraus und blickt sogar schon auf das Pfingstfest zurück. Bis dahin haben die Jünger - und die mit ihnen waren - eine Zeit der Vorbereitung und des Wartens, „bis sie erfüllt werden mit dem Heiligen Geist“. Jesus aber zeigt sich ihnen nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und läßt sich sehen unter ihnen vierzig Tage und redet mit ihnen vom Reich Gottes. Johannes und Petrus wurden als Augen- und Ohrenzeugen des historischen Jesus dieser intensiven Gemeinschaft mit dem auferstandenen HERRN gewürdigt und zusammen mit den anderen Aposteln dazu beauftragt, von ihren Erfahrungen Zeugnis zu geben. Und das tun sie. Denn sie „können‘s nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben“.

Sie tun es gemeinsam, und sie tun es voller Freimut und Überzeugung, jeder an seinem Ort und auf seinem Weg, so dass wir spüren: sie sind ein Herz und eine Seele. Denn sie bezeugen den einen HERRN, der gekreuzigt wurde, der von den Toten auferstanden ist und lebt. Das ist nun beim besten Willen keine Bücherweisheit, sondern die Erfahrung dieser einfachen und ungelehrten Jünger Jesu. Faszinierend ist, dass auch der überaus gelehrte und schriftkundige Paulus dieselbe Erfahrung macht und dann rastlos, ohne sich zu schämen, mit demselben Freimut und derselben Überzeugungskraft, Jesus als Christus und Sohn Gottes bekennt.

Die österliche Freudenzeit ist auf ihre Weise auch eine Zeit der Vorbereitung und des Wartens. Lassen wir diese Zeit nicht ungenutzt verstreichen.

Eine gesegnete Zeit!

Pfarrer Dr. Dr. Wolfgang Wünsch

Choral 236: „Ich lobe dich, mein Auge schauet“