“50-jährige Kirchweihgedenkfeier in Martinsdorf.”

Vor hundert Jahren in den 'Kirchlichen Blättern'


Aus dem Archiv der Kirchlichen Blätter.

“Helle Kirchen und Schulen und in beiden verständig und berufstreu arbeitende Kräfte, evangelischer Gemeinsinn und echte Herzensfrömmigkeit sind die sichersten Bürgschaften für das Gedeihen unserer Landgemeinden. Das wußten unsere Vorfahren, als sie vor einem halben Jahrhundert einmütig beschlossen: ‘Mit Gottes Hilfe wollen wir eine neue Kirche bauen.’ Das alte Gotteshaus mit seinen Türmen und Basteien war im Laufe der Zeit morsch geworden, die Mauern zerfallen, doch nicht der Geist der Väter, der sie aufgebaut. (...)

Freudig erklärten sich die Gemeindeglieder bereit, 6 Jahre hindurch den 20. Teil ihrer Feldfrüchte für den Kirchbau zu schenken und sämtliche Abtragungsarbeiten und Zufuhren unentgeltlich zu leisten. Doch ohne die segensreiche Hilfe des Gustav Adolf-Vereines wäre es nicht möglich gewesen die Bausumme von 12000 K aufzubringen. (...)

Ueber Beschluß des Presbyteriums wurde am 23. November l. J. die 50-jährige Wiederkehr der Kirchweihe gefeiert, ein kleines und bescheidenes Gemeindefest, das aber gewiß dazu beigetragen hat, den guten Sinn für Kirche und Schule wach zu halten und neu zu stärken. Eingeleitet wurde die Feier durch einen Festgottesdienst, an welchem fast die ganze Gemeinde teilnahm. Den liturgischen Teil des Gottesdienstes besorgte wie einst vor 50 Jahren der greise Ortsprediger, welcher seit 1857 ununterbrochen im Dienste der Gemeinde steht. (...)

Der altersgraue Turm ist eng angeschmiegt an die vor 50 Jahren gebaute Kirche, beiden vorgebaut die neue Schule, freundlich hinausschauend in die Gemeinde. Die Vergangenheit und Gegenwart mehrerer Geschlechter ist in ihnen verkörpert, doch der wahre Lebensgrund ist seit der Väter Tagen derselbe geblieben. Zum Zeichen dessen ragt des Kirchturms Spitze über die ganze Gemeinde, weist gen Himmel und sagt uns: ‚In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet!’ (...)

Ein stimmungsvolles Bild bot der Familienabend, an dem sich Alt und Jung beteiligte. Leider war der Raum zu klein, um alle fassen zu können und das Bedürfnis nach einem kirchlichen Gemeindehaus macht sich immer mehr geltend. (...)“

(Kirchliche Blätter, Hermannstadt, 29. November 1913)