"Grund ewiger Freude"


Pfr. Dietrich Galter

Die Predigt zum Vierten Sonntag im Advent (20. Dezember 2020), zu einem Bibelwort aus dem Buch des Propheten Jesaja (52. Kapitel), stammt von Pfarrer Dietrich Galter aus Neppendorf, dem ehemaligen Dechanten des Kirchenbezirks Hermannstadt.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus.

Das Predigtwort lesen wir, wie es geschrieben steht im Buch des Propheten Jesaja im 52. Kapitel:

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König! Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und jubeln miteinander; denn sie werden’s mit ihren Augen sehen, wenn der Herr nach Zion zurückkehrt.
Seid fröhlich und jubelt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der Herr hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. Der Herr hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

Der Herr segne diese Worte an unseren Herzen.

Liebe Gemeinde,

vier Türchen sind noch zu öffnen am Adventskalender, dann ist der Heilige Abend. Vier Türchen. Als Kinder haben wir uns darauf besonders gefreut. Wir hatten damals einen Adventkalender aus Zündholzschachteln und in jedem Schächtelchen waren Süßigkeiten oder andere Leckereien versteckt. Und wir mussten ja – da wir fünf Geschwister waren – warten bis wir wieder an der Reihe waren. Aber das Schöne war: Bei dem Kästchen Nr. 24, da waren zwei Schachteln nebeneinander geklebt und die waren besonders gut gefüllt. So konnten wir es kaum erwarten als Kinder, dieses letzte Türchen oder die letzte Schachtel zu öffnen. Heute ist diese Vorfreude nicht mehr so intensiv, aber mit unserem Enkel singen wir jetzt immer wieder schon Advent- und Weihnachtslieder und in dem einen heißt es: „Einmal werden wir noch wach, heißa, dann ist Weihnachtstag!“ Und an den Augen des Kindes kann man sehen, wie das Kind sich darauf freut.

Nun aber, in dieser Zeit haben wir gelernt, Abstand zu halten und vorsichtig zu sein, aber ich denke, die Freude, die hat darunter nicht zu leiden gehabt, denn die Erwartung ist ja immer noch da. Und wir freuen uns auf Weihnachten. Das Geheimnis dieser Vorfreude ist geblieben. Als Predigttext haben wir Worte gelesen, die viele Jahre vor der Geburt Jesu dem Volk Israel und besonders der Stadt Jerusalem zugesprochen wurden, stellvertretend für das ganze jüdische Volk. Die Stadt lag in Trümmern, viele der Bewohner waren weggeschleppt worden. Die, die übriggeblieben waren: Was sollten sie auch machen? Sie konnten ja kaum etwas machen. Sie waren verzagt, ohne Hoffnung und voll Trauer. Sie hatten nur diese eine Hoffnung: Dass Gott endlich diesen versprochenen König sendet, der Frieden und Heil bringen soll. Das jüdische Volk lebte jahrhundertelang mit dieser Vorfreude auf diesen versprochenen König, der auf sich warten ließ. Sie hatten nur dieses Wort: Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, der da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, der da sagen zu Zion: Dein Gott ist König! Die Wächter standen auf den Resten der Stadtmauer und hielten Ausschau: Wo ist nun dieser Bote, der da kommt und Frieden verkündet? Gott selbst soll kommen in seine Stadt. Das ist etwas ganz Besonderes. Dieses Bild der Vorfreude hat den Menschen Hoffnung gegeben. Sie haben sich immer wieder davon mitreißen lassen. Gegen alle Widernisse der Zeit. Und Gott hat diese Freude und dieses Wort erfüllt. Er hat ihnen diese Freude geschenkt, in der Gestalt des Erlösers, des Messias, der sein Volk besucht hat. Gott selbst in Menschengestalt, das Kind in der Krippe.

So einfach, so anders als die Menschen sich das damals vorgestellt haben, so anders auch als wir uns das so vorstellen können. Aber der greise Simeon hat das Jesuskind in die Arme genommen und hat Gott gedankt: „Meine Augen haben deinen Heiland gesehen.“ Zu Maria war der Engel gekommen und hat ihr angekündigt, dass sie den Messias zur Welt bringen soll. Ja, Gott hat seine Verheißungen erfüllt und wir leben nun in einer Zeit der erfüllten Vorfreude. Das, was angekündigt wurde, ist in Erfüllung gegangen. Und doch sind wir noch in dieser Vorfreude – nicht nur auf das Weihnachtsfest, auf das letzte Kästchen im Kalender, sondern wenn Jesus wiederkommt, dann wird alles erfüllt sein. Dann wird die Freude vollkommen sein. Dann werden wir das Geschenk, das uns jetzt Freude bereitet, auspacken dürfen.

Ich benutze dieses Bild, wie wir uns den Weihnachtsmann vorstellen. In der einen Hand hat er den Sack mit den Geschenken. In der anderen Hand, was hat er? Die Rute. So wurde uns immer der Weihnachtsmann vor Augen gestellt. Das ist der Gott des Alten Testaments: Die Gnade und Barmherzigkeit, aber auch die Strafe für unsere Sünde. Seit Weihnachten, seit der Geburt Jesu Christi im Stall von Bethlehem ist der Weihnachtsmann nicht mehr mit der Rute in der Hand, sondern mit beiden Armen uns ausgestreckt, dass er uns aufnimmt, empfängt, in die Arme nimmt und an sich drückt: Dir sind deine Sünden vergeben.

Ihr Lieben, so können wir Weihnachten jetzt feiern. Mit überschwänglichem Jubel und mit großer Freude. Auch wenn uns diese Freude zurzeit nicht so recht aus dem Herzen kommen möchte. Trotzdem: Freude kann man nicht erzwingen. Freude kann man sich nur schenken lassen.

Und wir wollen Gott bitten, dass er uns mit kindlicher Freude beschenkt. Freude über das Kommen seines Sohnes in diese Welt. Gott ist seinem Wort treu geblieben. Und wir dürfen auch Gott treu bleiben, indem dass wir uns an ihn hängen, indem wir in der Bibel lesen, indem wir Gesangbuchslieder singen oder Weihnachtslieder singen. Aber vor allem, indem wir die Hände falten und beten. Wir leben noch in der Zeit dieser Vorfreude. Das letzte Kommen Christi steht noch aus. Er wird wiederkommen und uns zur Erfüllung bringen. Eine gute Nachricht, die verbreitet sich wie ein Lauffeuer und die Wächter damals auf der Mauer der Stadt Jerusalem, die durften verkündigen: Sieh, dein König kommt zu dir. Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude.

„Wir warten dein, du kommst gewiss, / die Zeit ist bald vergangen; / wir freuen uns schon überdies / mit kindlichem Verlangen. / Was wird geschehn, / wenn wir dich sehn, / wann du uns heim wirst bringen, / wann wir dir ewig singen!“

Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.