"Unser Herz wird nicht verschlossen bleiben"


Pfr. Uwe Seidner

Pfarrer Uwe Seidner aus Wolkendorf im Burzenland (Kirchenbezirk Kronstadt) ist auch für die geistliche Betreuung der Gemeinden in Neustadt im Burzenland, Weidenbach und rosenau zuständig. Er hat uns das schriftliche geistliche Wort für den Sonntag Quasimodogeniti zur Verfügung gestellt.

An Neuanfang, Wiederbeleben, neue Geburt, d.h. Anfang eines neuen Lebens in Christus, erinnert der Sonntag Quasimodogeniti. Der Name des Sonntags leitet sich vom Beginn eines lateinischen Antiphons ab, zu Deutsch: „Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch.“ So wurden in der alten Kirche die zu Ostern Getauften angesprochen. In der frühen Zeit des Christentums war es Brauch, dass Täuflinge das Sakrament in der Osternacht empfingen. Die weißen Taufkleider, welche die christlichen Anwärter dabei trugen, symbolisierten die Reinigung, die die jungen Christen durch das Taufwasser erfuhren, und standen gleichzeitig für die Erneuerung ihrer selbst: Durch die Taufe galten sie als neugeborene Menschen in Christus. Nach acht Tagen wurden dann die weißen Kleider der Täuflinge abgelegt.

Im evangelischen Gebrauch erinnert uns also der Sonntag Quasimodogeniti an die neue Geburt, die wir „durch Wasser und Geist“ erfahren, d.h. den Anfang eines neuen Lebens in Christus, nach unserer physischen Geburt.

Zu Quasimodogeniti haben wir zwei Lesungen aus dem Johannesevangelium. Der Auferstandene offenbart sich den Jüngern am See Tiberias. Simon Petrus und einige Jünger haben nach dem Karfreitagsgeschehen ihren Alltag als Fischer wieder aufgenommen. Jesus stand nun am Ufer. Die Jünger haben wohl wenig Erfolg beim Fischen gehabt, denn als Jesus sie fragt, ob sie was zu essen hätten, erwidern sie mit „Nein“. So schickt sie Jesus erneut zum Fischen und, siehe da, die Netze sind voll. Nun erkennen sie ihren Herrn. Sogleich erfährt auch Simon Petrus von dem Geschehenen, legt sich sein Gewand an und springt ins Wasser um mit anzupacken. Als sie nun das Mahl zu sich nahmen, wagte keiner zu fragen, wer denn der Fremde sei. Sie alle erkannten ihren Herrn. Nach diesem Ereignis sollten die Jünger dann wieder zu Menschenfischer werden. (Johannes 21, 1-14)

Das andere Sonntagsevangelium erzählt von dem Geschehen nach Ostern. Die Jünger waren nach Jesu Tod sehr erschrocken und versteckten sich auch weiter, da sie einen weiteren Angriff fürchteten. In ihrer Verstecktheit sollte nun der Auferstanden erscheinen. Er haucht die Jünger an und schickt sie auf ihren Weg, so wie einst der Vater Jesus gesandt hatte. Thomas war bei dieser Begegnung nicht dabei, und wollte es nicht glauben, als er von diesem Ereignis hörte. So erschien der Auferstandene noch einmal und zeigte sich Thomas, der als der „Ungläubige“ in die Geschichte eingehen sollte. Jesus zeigte ihm die Zeichen der Kreuzigung. Nun fiel es Thomas wie Schuppen von den Augen und er glaubte, da er gesehen hatte. (Johannes 20, 19-31)

In beiden Evangelien fallen uns zwei Dinge auf. Erstens: Die Jünger haben Angst und verschließen sich. Zweitens: als ihr Herr und Heiland auftaucht, erkennen sie ihn zuerst nicht.

Ihr Lieben, wir erleben nun Zeiten in denen wir aus Rücksicht auf den Nächsten Distanz halten sollen. Keine großen Zusammenkünfte, keine fröhlichen Feste, sondern Sicherheitsabstände prägen unsere sozialen Kontakte. Aber wie wir schon von Ostern erfahren haben, wird die Auferstehung durch diese Zeiten hindurch scheinen.

Auch wenn wir zurückhaltend bleiben und die Herzlichkeit nicht durch Umarmungen ausdrücken sollen, so wird unser Herz nicht verschlossen bleiben. Denn die durch die Pandemie notwendigen Sicherheitsmaßnahmen können den Auferstandenen nicht hindern, zu den Seinen zu kommen - in ihre Verunsicherung, Angst und Ratlosigkeit. Er kommt zu uns - nicht, um etwas von uns zu fordern oder uns vorzuwerfen. Sondern seine ersten Worte sind: „Friede sei mit euch“. Das ist mehr als ein einfacher Gruß. Christus spricht in unsere Angst und innere Zerrissenheit und Schuld den Frieden Gottes zu, ja, mehr noch: er bringt den Frieden Gottes.

Der ungläubige Thomas ist überwältigt. Er kann nur ausrufen: „Mein Herr und mein Gott!“.

Ihr Lieben, seit dem Ostergeschehen leben wir von dem Wind, der vom Grab Jesu herüber weht. Wir erleben zwar Jesus nicht mehr in voller Gestalt, so wie es die Jünger damals erlebt haben, wir werden aber von diesem Wind getragen, den Jesus damals den Jüngern zugehaucht hat.

So wie Jesus den Jüngern ihre Herzen geöffnet hat, so möchte er auch unsere verschlossenen und verzagten Herzen öffnen. Er kommt auch zu uns als der Auferstandene und möchte uns seine Gegenwart schenken. In der Kirche mit ihrem offenen Segel erfahren wir seine Nähe. Er spricht uns immer aufs Neue zu: „Friede sei mit euch!“