Nehmen wir die Lage so ernst, wie sie ist!


Stefan Bichler ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit der EKR

Die “Coronakrise” hat Europa fest im Griff. Einzelne Staaten nähern sich der Schwelle von 100.000 Erkrankten. In Italien sind bereits deutlich über 10.000 Todesopfer zu beklagen. International wütet die Pandemie derzeit in den Vereinigten Staaten von Amerika besonders heftig, während sich die Lage in China vorerst zu beruhigen scheint. In Rumänien gilt seit knapp zwei Wochen der Ausnahmezustand. – Wie wir uns als Kirche verhalten und warum es wichtig ist, die Sicherheitsmaßnahmen zu befolgen. Ohne Panik, aber mit Respekt. – Ein Kommentar von Stefan Bichler.

Am Samstag, 28. März 2020, beklagte Rumänien das dreißigste Todesopfer im Zusammenhang mit der Coronaviruswelle. Die Anzahl der Erkrankten liegt laut Daten vom Samstagnachmittag bei knapp 1.500 Menschen, wie das Nachrichtenportal HotNews mitteilt. Entsprechend einer Einschätzung von Alexandru Rafila, dem Vorsitzenden der Rumänischen Mikrobiologischen Gesellschaft (Societatea Române de Microbiologie), wird das Land die dritte Woche seit Ausrufung des Ausnahmezustandes mit einer Zwischenbilanz von 2.000 Erkrankten eröffnen, berichtet G4Media.

Zu den ersten beiden Erkrankten in Hermannstadt, von denen die Tribuna Sibiului am 28. März geschrieben hatte, gibt es unterschiedliche Auskünfte. Diese Verwirrung liegt an der Verordnung einer Informationssperre seitens der rumänischen Behörden. Seit vergangener Woche werden keine kreisbezogenen Daten mehr veröffentlich. Die einzigen offiziellen Informationen kommen nun allein aus Bukarest. Auch in anderen Lebensbereichen haben sich die per “Militärverordnung” verfügten Bestimmungen verschärft: Seit 25. März ist praktisch eine generelle Ausgangssperre in Kraft. Menschen dürfen ihren Wohnsitz nur noch mit einer eidesstattlichen Erklärung und zu dringenden Wegen verlassen, Personen über 65 dürfen dies generell nur noch zwischen 11 und 13 Uhr.

Kirchliches Leben geht weiter – auch unter geänderten Bedingungen

Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche war in den vergangenen Tag in Kritik geraten, weil über einzelne Pfarrer berichtet wurde, die hunderten Gläubigen mit ein und demselben Löffelchen die Kommunion gegeben hatten. Unterdessen haben Vertreter der Orthodoxie ihre Gemeinden dazu aufgerufen, sich in den Zeiten der verordneten Ausgangssperre vor allem dem Schicksal alter und kranker Menschen anzunehmen. Dafür sollen sich Personengruppen, bestehend aus Priestern, Diakonen, Kantoren sowie anderen Freiwilligen bilden, verlautbart die Sozialphilantropische Abteilung des rumänischen Patriarchats (Sectorul Social-Filantropic al Patriarhiei Române), berichtet Libertatea.

In den Gemeinden der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) läuft die Arbeit selbstverständlich auch während der Krise weiter: Geistliche stehen täglich am Seelsorgetelefon für Rat und Beistand zur Verfügung, verfassen geistliche Texte für die kircheneigenen Medien sowie für die Presse, Kirchenmusiker nutzen Youtube-Kanäle, die Diakoniebeauftragten kümmern sich weiterhin um Menschen in Not – alles natürlich im Rahmen der behördlichen Einschränkungen und im Rahmen des Erlasses LKZ 403/2020 des Landeskonsistoriums. Das Internet spielt eine immer zentralere Rolle: Die Kirchengemeinde Mediasch etwa hat aus gegebenem Anlass eine Facebook-Seite gegründet (Link), die Heltauer Gemeinde einen Twitter-Account (Link) ins Leben gerufen. Die Schässburger Gemeinde überträgt den Sonntagsgottesdienst mit Predigt auf der Webseite, unter einem eigenen Link. Auch den Hermannstädter Gottesdienst kann man auf YouTube (Link) sehen, ebenso wie jenen aus der Honterusgemeinde (Link).

Selbstverständlich ist nicht jeder glücklich mit der Situation, die uns derzeit belastet und viele würden sich eine baldige Rückkehr zur – auch kirchlichen – “Normalität” lieber heute als morgen wünschen. Doch leider ist es noch lange nicht soweit. Zu gefährlich wäre es derzeit, die Sicherheitsvorkehrungen – auch im kirchlichen Leben – zu umgehen. Am 22. März berichtete das katholische Nachrichtenportal Vatican News, dass mindestens fünfzig römisch-katholische Priester am Coronavirus gestorben sind. Bereits am 26. März lieferte Euronews eine traurige Aktualisierung: Sechzig (!) katholische Geistliche fielen der Pandemie alleine in Italien zum Opfer, 17 davon in der lombardischen Diözese Bergamo. Alle von ihnen hinterlassen Gemeinden, die nun keinen Pfarrer mehr haben. Im vorösterlichen Rom hat Papst Franziskus den Segen Urbi et orbi, den feierlichsten Segen der Römisch-Katholischen Kirche, deswegen erstmals auf einem für Gläubige gesperrten Petersplatz erteilt und für ein Ende der Corona-Pandemie gebetet.

Italien wurde vom Coronavirus unvorbereitet getroffen. Andere Staaten, andere Gesellschaften und andere Kirchen können sich noch schützen. “Nehmt die Erfahrungen aus Bergamo in der Coronavirus-Krise ernst, greift eher früher als später zu konsequenten Maßnahmen”, appelliert daher der Bürgermeister von Bergamo, Giorgio Gori, in Interviews an die Menschen außerhalb Italiens.

Schenken wir also den Berichten aus Italien Glauben! Nehmen wir die Warnungen ernst und halten wir durch! Vergessen wir nicht: Wir sind nicht alleine in unserer Isolation denn “Gott ist mit uns am Abend und am Morgen; und ganz gewiss an jedem neuen Tag”, wie es in Dietrich Bonhoeffers Text Von guten Mächten heißt.

Stefan Bichler, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der EKR