„Die Neuregelung der Sonntagsruhe.“

Vor hundert Jahren in den 'Kirchlichen Blättern'


Vor hundert Jahren in den 'Kirchlichen Blättern'.

„Der ersten Nummer der in Hermannstadt seit dem 2. April neu erscheinenden „Blätter für Handel und Gewerbe“, - Organ des Verbandes siebenb.-sächs. Bürger- und Gewerbevereine – entnehmen wir über diese Frage, die auch das kirchliche Leben nahe berührt, das Nachstehende: „Das Handelsministerium hat den Referentenentwurf über die Neuregelung der Sonntagsruhe in der gewerblichen Arbeit veröffentlicht. Als geplante Neuerung sind zu erwähnen, daß die Sonntagsruhe auch auf den ersten Weihnachtstag sich erstrecken, dagegen bezüglich des Warenverkaufs an dem vor Weihnachten fallenden letzten Sonntag aufgehoben werden soll. Ebenso soll die Sonntagsruhe durch das Gesetz selbst aufgehoben sein, wenn der Stefan-Königtag auf einen Sonnabend oder Montag fällt, am nachfolgenden bezw. vorangehenden Sonntag und wenn der Allerheiligen- oder Allerseelentag auf einen Sonntag fällt, an diesem, wenn aber der Allerheiligentag auf einen Montag fällt, am vorangehenden Sonntag. Der Verkauf sämtlicher Waren soll in der Provinz Sonntag bis 10 Uhr vormittags auch weiter gestattet sein. Doch soll dieser Verkauf zeitlich eingeschränkt, oder, mit Ausnahme der Lebensmittel, ganz eingestellt werden können, wenn zwei Drittel der interessierten Geschäftsinhaber es wünschen. Geschäfte, die sich ausschließlich mit dem Ausschank von Spirituosen befassen, dürfen an Ruhetagen nur von 6 Uhr früh bis 10 Uhr vormittags offengehalten werden. Andere Schankgeschäfte können zwar weiter offengehalten werden, es dürfen aber in ihnen nach 10 Uhr vormittags keine gebrannten geistigen Getränke verkauft werden. Ausschließliche Tabaktrafiken sollen nur bis 12 Uhr mittags, in Bade- und Ausflugsorten bis 7 Uhr abends, in Eisenbahnstationen bis 10 Uhr abends offen gehalten werden dürfen. In den Geschäften, deren Offenhaltung an Sonntagsruhetagen gestattet ist, muß den an diesen Tagen länger als vier Stunden beschäftigten Angestellten jeder zweite Sonntag vollkommen frei gegeben werden und wenn dies nicht möglich ist, ein halber Arbeitstag in jeder zweiten Woche. Die mit dem Verkauf zusammenhängende Kanzleiarbeit soll auch gestattet sein. – Neben manchen richtigen Bestimmungen, darunter auch der, daß der Gewerbetreibende bezüglich der von ihm persönlich, ohne Inanspruchnahme der Arbeitskraft anderer und mit Ausschluß der Oeffentlichkeit versehenen Arbeit durch das neue Gesetz nicht beschränkt werden soll, sind auch solche vorgesehen, gegen die berechtigte Einwendung gemacht werden kann. So erscheint es ganz unnötig, die bisherige Bestimmung aufrecht zu halten, wornach in der Provinz auch andere Waren als Lebensmittel bis 10 Uhr vormittags verkauft werden dürfen und daß die Kanzleiarbeit, die bisher nicht gestattet war, als zulässig erklärt werden soll.“

(Kirchliche Blätter, Hermannstadt, 11. April 1914)