Geschichte der 'Kirchlichen Blätter'

Pfr. Stephan Ludwig Roth, der geistige Vater der 'Kirchlichen Blätter' (Bild: Wikimedia Commons)
Kopf der 'Kirchlichen Blätter' zur Zeit der Gründung.
Bischof Friedrich Müller d. Ä., in dessen Amtszeit die Gründung der 'Kirchlichen Blätter' fällt (Bild: ZAEKR)
Portal zum Sitz des Landeskonsistoriums, Herausgeber der 'Kirchlichen Blätter' seit 1909. Rudolf Brandsch, Schriftleiter und Herausgeber 1906-1909 . (Bilder: ZAEKR)
Nach dem Ersten Weltkrieg unterlagen die 'Kirchliche Blätter' der Zensur.
Die 'Kirchlichen Blätter' zur Zeit Großrumäniens.
Edmund Gräser (l.) und Dr. Hans Weprich (r.), Schriftleiter in der Zwischenkriegszeit (Bilder: ZAEKR)
In den 1940er-Jahren.
Hermannstadt im Zeichen des Sowjetsterns: In den 1950er- und 60er-Jahren konnten die 'Kirchlichen Blätter' nicht erscheinen. (Bild: ZAEKR)
Bischofsvikar Dr. Hermann Binder, Schriftleiter der wiedergegründeten 'Kichlichen Blätter' in den 1970er-Jahren. (Bild: ZAEKR)
Kopf der neuen 'Kirchlichen Blätter' in den 1970er-Jahren.
Unter Bischof Albert Klein wurden die 'Kirchlichen Blätter' ab 1973 wieder herausgegeben. (Bild: ZAEKR)
Erscheinungsbild der Kirchlichen Blätter in den 1980ern und 1990ern
D.Dr. Christoph Klein (Bischof 1990-2010) und Gerhild Rudolf (Schriftleiterin 1999-2012)
Pfr. i.R. Heinz Galter (l.) und Prof. Dr. Hermann Pitters schreiben seit den 1970er Jahren für die 'Kirchlichen Blätter'.
In den 2000ern.
Bischof Reinhart Guib
Im Winter 2013/14 übernimmt Stefan Bichler die Schriftleitung von Beartice Ungar. (Bild: Cynthia Pinter)
Der aktuelle Kopf der 'Kirchlichen Blätter' (seit 2015).

DIE ANFÄNGE

Die Wurzeln der 'Kirchlichen Blätter', dem ältesten bis zum heutigen Tag in deutscher Sprache erscheinenden Periodikum Rumäniens, liegen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die ersten Überlegungen zur Gründung einer Schul- und Kirchenzeitung für die Siebenbürger Sachsen wurden 1843 vom Meschener Pfarrer, dem fortschrittlichen Schulreformer und siebenbürgischen Revolutionshelden Stephan Ludwig Roth angestellt.

Eine dauerhaft etablierte Zeitschrift konnte jedoch erst ein halbes Jahrhundert danach ins Leben gerufen werden: Die 'Kirchlichen Blätter' wurden während der Amtszeit des Bischofs Friedrich Müller d. Ä., unter dem Namen Kirchliche Blätter aus der ev. Landeskirche A. B. in den siebenb. Landesteilen Ungarns. Evang. Wochenschrift für die Glaubensgenossen aller Stände als Wochenzeitung gegründet. In seinem Geleitwort zur ersten Ausgabe ging der Bischof auch ausdrücklich auf die Ideen Roths ein und äußerte den nachdrücklichen Wunsch, dessen "Gedanken zu verwirklichen".

Am 5. Mai 1897 konnte die erste Nummer erscheinen. Der Preis für ein Halbjahresabonnement belief sich damals auf 1,50 Gulden. Erster Schriftleiter der Zeitung war Joseph Josephi, der Redaktionssitz war in der Seilergasse (heute Str. Banatului). Das Gros der Beiträge dürfte jedoch der Bischof höchstpersönlich verfasst haben. Gedruck wurde das Blatt damals bei Wilhelm Krafft in Hermannstadt.

Noch vor seinem Eintritt in die Politik wirkte auch der junge Rudolf Brandsch - Abgeordneter von Hermannstadt in der ungarischen sowie danach in der rumänischen Abgeordnetenkammer - als Redaktionsleiter und Herausgeber (!). (Brandsch bekleidete später das Amt eines Unterstaatssekretärs für die ethnischen Minderheiten und verstarb 1953 in politischer Haft.)

1909 wurde die Zeitschrift in einen "amtlichen" und einen "nichtamtlichen" Teil gegliedert und eine Neuzählung der Ausgaben eingeführt. Herausgeber ist seither das Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche.

ZWISCHENKRIEGSZEIT

Schwierige Zeiten brachen nach dem Ersten Weltkrieg und der Gründung Großrumäniens über die Landeskirche sowie über die Redaktion herein. Zu Beginn nur unter den Auflagen staatlicher Zensur, konnte das Blatt als Kirchliche Blätter aus der evangelischen Landeskirche A. B. in Rumänien (bis 1927: "in Siebenbürgen") sein Erscheinen jedoch fortsetzen. Die 'Kirchlichen Blätter' wurden schließlich durchgehend bis August 1944 veröffentlicht.

Dr. Hans Weprich, später auch Hauptanwalt der Landeskirche, diente zwischen 1919 und 1936 wiederholt als interimistischer Schriftleiter, um den kontinuierlichen Fortbestand der Zeitschrift zu sichern. Auch Dr. Georg Adolf Schuller, der bereits vor dem Ersten Weltkrieg fünf Jahre lang die Redaktion geführt hatte, übernahm in der Zwischenkriegszeit insgesamt zehn Jahre lang das Amt des Schriftleiters der 'Kirchlichen Blätter'. Er öffnete die Redaktion für die Mitarbeit einer Vielzahl neuer Redakteure.

In der Zwischenkriegszeit war die Zeitung unter anderem durch die Schriften des Mediascher Arztes Heinrich Siegmund geprägt, der mit dem 'Evangelischen Fürsorger' eine Beilage zu den 'Kirchlichen Blättern' schuf, in der er seine gesundheits- und sozialpolitischen Überlegungen veröffentlichte.

Die für die 1930er- und 1940er Jahre charakteristischen Auseinandersetzungen über den Kurs der Landeskriche und die verhängnisvollen Ereignisse rund um die politischen Strömungen dieser Zeit finden selbstverständlich gerade auch in den 'Kirchlichen Blättern' Niederschlag. Die Zeitschrift ist dadurch eine wertvolle zeithistorische Quelle für die heutige Aufarbeitung dieser Jahre.

25 JAHRE OHNE 'KIRCHLICHE BLÄTTER'

Die unmittelbare Nachkriegszeit, die Periode der schrittweisen Machtübernahme durch die kommunistische Partei und der Etablierung des totalitären Regimes, brachte nicht nur eine Reihe an Enteignungen kirchlicher Immobilien, umfassende rechtliche Einschränkungen und die Auflösung sämtlicher kirchlichen Vereine. Von August 1944 bis Juni 1946 wurde auch das Erscheinen der 'Kirchlichen Blätter' unterbrochen. 1947 konnte das Blatt unter der Leitung von Dr. Ernst Jekelius wieder kurzfristig veröffentlicht werden. Ab 1948 durfte die Zeitschrift für die Dauer von 25 Jahren nicht mehr erscheinen.

Erst während der Amtszeit von Bischof Albert Klein gelang es, ab 1973 die 'Kirchlichen Blätter' wieder zu veröffentlichen.

NEUANFANG MIT BISCHOFSVIKAR DR. HERMANN BINDER

Prägend für die 1970er Jahre wirkte Bischofsvikar Dr. Hermann Binder als Schriftleiter der neuen 'Kirchlichen Blätter', die nun die offizielle  Nebenbezeichnung Monatsschrift der Evang. Kirche A. B. in der Sozialistischen Republik Rumänien führten. - Gerade zur Zeit des totalitären sozialistischen Systems in Rumänien war die Existenz der kirchlichen Monatsschrift ein wichtiges und unverzichtbares internes Kommunikationsmittel und ein kostbares Informationsforum für weite Teile der deutschsprachigen Minderheiten des Landes.

Die Nachfolge des Bischofsvikars trat als Redaktionsleiter 1979 der Theologieprofessor Dr. Hermann Pitters an, der dieses Amt bis 1999 zwanzig Jahre lang bekleidete und somit der längstdiendende Chefredakteur war. Auch heute steuert der Hermannstädter Theologieprofesser in den 'Kirchlichen Blättern' weiterhin regelmäßig wertvolle Texte vor allem zu kirchenhistorischen Themen bei. Die Prägung des Blattes während seiner Zeit als Schriftleiter ist in den 'Kirchlichen Blättern' bis in die Gegenwart erkennbar.

Den Zeitungskopf schmückten über viele Jahre hindurch stilisierte Darstellungen der Kirchenburg von Birthälm, wo sich fast dreihundert Jahre lang der Sitz der Sachsenbischöfe befand. Ab den 1970er-Jahren wurde Birthälm als Bild von auf der Titelseite regelmäßig abwechselnd mit anderen Kirchen (z.B. Kerz, Tartlau und die großen Stadtkirchen) dargestellt, ab den 2000er-Jahren als Fotografie. Seit 2014 ist jede einzelne Ausgabe mit einem anderen Titelbild versehen.

Mit den revolutionären Ereignissen des Dezember 1989 begann auch für die 'Kirchlichen Blätter' ein neuer Abschnitt, in dem staatliche Beschränkungen und Zensur keine Rolle mehr spielen sollten.

Um dem verstärkten Kommunikationsbedarf des Landeskonsistoriums gegenüber den Gemeinden und Bezirken zu genügen, wurden unter Bischof D.Dr. Christoph Klein 1990 die von Pfr. Dipl.-Ing. Eginald Schlattner und Karin Denghel gestalteten 'LandesKirchlichen Informationen' (LKI) als zweites Periodikum gegründet.

Eine Konstante in den 'Kirchlichen Blättern' stellen seit den 1970er Jahren Pfarrer Heinz Galters Gedanken zum Monatsspruch dar.

GEGENWART

Seit 2008 existieren die 'Kirchlichen Blätter' auf Betreiben von Schriftleiterin Gerhild Rudolf (Cosoroabă), die in den Jahren 1999 bis 2012 die Redaktion führte, auch in elektronischem Format. Auf der Interetseite der Zeitschrift gibt es auch ein Onlinearchiv über sämtliche Ausgaben seit 2006, sowie ein Archiv der LKI (zugänglich ab Sommer 2015). Ein Novum während der Zeit von Schriftleiterin Gerhild Rudolf war es, inhaltliche Schwerpunkte redaktionell mit themenbezogenen Heften zu behandeln. Im Jahr 2012 wurde Gerhild Rudolf in den Vorstand des 'Kommunikationsausschusses Lutherischer Minderheitskirchen in Europa' (KALME) gewählt.

In den sozialen Medien sind die 'Kirchlichen Blätter' seit Ende 2013 über ein Konto beim Kurznachrichtendienst 'Twitter' vertreten. Einzelne Beiträge können über die Seite der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien auch über 'Facebook' abgerufen werden.

Im Jahr 2013 wurde vom Landeskonsistorium beschlossen, das Amtsblatt der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien als monatliche Beilage zu den 'Kirchlichen Blättern' zu veröffentlichen. Inhaltlich haben die beiden Publikationen als Amtsblatt (LKI) sowie als Kirchenzeitung ('Kirchliche Blätter') nun klar getrennte und unterschiedliche Ausrichtungen.

Zu den seit 1990 regelmäßig publizierenden Autoren der 'Kirchlichen Blätter' zählen die landeskirchlichen Bischöfe D.Dr. Christoph Klein und Reinhart Guib sowie die siebenbürgischen Theologen Dr. Hans Klein, Dr. Dr. Paul Philippi, Dr. Hermann Pitters, Wolfgang Rehner, Gerhild Rudolf (Schriftleiterin 1999–2012, derzeit Leiterin des Friedrich-Teutsch-Hauses), Beatrice Ungar (Schriftleiterin 2012–2013, Chefredaktuerin der 'Hermannstädter Zeitung'), Dr. Paul Niedermaier (Professor und Landeskirchenkurator 1999-2008), Friedrich Philippi (Professor und derzeitiger Landeskrichenkurator) und viele andere mehr.

Literatur zur Geschichte der Kirchlichen Blätter:

  • Lore Poelchau, Die ersten 'Kirchlichen Blätter' erschienen vor 100 Jahren [Auszug aus: Zum Inhalt und zum derzeitigen Zustand der Pfarrarchive]. In: Kirchliche Blätter, Hermannstadt, Nr. 3/1997
  • Gerhild Rudolf, 110 Jahre seit der ersten Ausgabe der Kirchlichen Blätter, Hermannstadt 2007
  • Annemarie Weber, Rumäniendeutsche? – Diskurse zur Gruppenidentität einer Minderheit (1944–1971), Köln/Weimar/Wien 2010, Anhang
  • Wolfgang Rehner, „…mit eisernem Willen sich selbst geformt”. Zum 100. Todestag des Bischofs Friedrich Müller I. In: Hermannstädter Zeitung vom 24. April 2015

Schriftleiter (Chefredakteure) der 'Kirchlichen Blätter'

Die Schriftleiter der 'Kirchlichen Blätter' seit der Gründung 1897.